Freitag abend war das Locanda in Weinheim dran. Die "Toskanische Gastlichkeit" sollte man eher ohne Auto aufsuchen (oder wissen, wie man zu den Geheimparkplätzen direkt vor der Tür findet ...). Die Besitzer sind zwar deutsch, haben aber lange Jahre in der Toskana einen Landgasthof betrieben, so dass man ihnen die Authentizität durchaus abnehmen kann.
Die 50-60 Personen, die hier Platz finden sollen, kommen hoffentlich an einem anderen Tag, denn an diesem Abend sind gerade mal 5 Tische besetzt. So war fast mehr Personal als Gäste anwesend. Uns war es egal, so wurden wir sehr freundlich und aufmerksam bedient (Kerze ausgebrannt? Keine Minute später steht Ersatz auf dem Tisch). Der Tisch könnte für 4 Personen etwas größer sein (denn was hier alles auf den Teller kommt, braucht Platz), aber dann hat man zu den Leckereien der anderen eben einen kürzeren Weg ;-).
Wir entscheiden uns für das 4-Gang-Menü:
- aufgeschnittene Lust-Tomaten mit gutem Öl und noch besserem Balsamico und einem warmen Brie (war sicher kein Brie) - das schmeckt wie zu Hause. Lust-Tomaten brauchen eben keinen Schnickschnack.
- Die hausgemachten Ravioli waren für unseren Geschmack ein wenig zu kräftig in der Sauce. Gefüllte Ravioli sollten vor allem nach einem schmecken: hausgemacht
- Beim Haupgang wechseln wir ab zwischen "La strappata con gli odori & fagioli lessi", also hauchdünne Rindfleischscheiben im Ofen gegart mit bestem Olivenöl, gedünsteten Bohnen & frischen Salbei, Rosmarin, Lorbeer & Knoblauch - noch nie gesehen und sehr köstlich und Gegrilltes Schweinekotelett mit Rosmarinkartoffeln und einer leckeren Balsamico-Tunke. Das letzte Kotelett ist schon Jahrzehnte her, aber so saftig und gut kann man das ruhig häufiger essen.
- Zum Dessert gab es angemachten Joghurt mit Früchten im Glas. Schön leicht und frisch ist es jetzt genau das richtige.
eingelegtem Gemüse auf dem Holzbrett serviert: original toskanischer Aufschnitt (frische und getrocknete Fenchelsalami - wow!), 5 verschiedene Crostini, Prosciutto Toscano & Blauschimmel-Pecorino mit süßem Balsamessig. Die Platte reicht gut für vier, und meine Eltern sind jetzt schon satt ...
Als Hauptspeise nimmt meine Mutter köstliche Fettucine mit Pfifferlingen und mein Vater das Rumpsteak, ebenfalls mit Pilzen. Zum Dessert überreden wir sie dazu, Cantuccini mit Vin Santo zu probieren. Unsere selbst gemachten Cantuccini sind aber besser :-).
Mehrere Liter Wasser begleiten die Flasche weißen Landweins, der neben dem herzhaften Essen sehr gut bestehen kann.
Fazit: man kann das Locanda nicht vergleichen mit dem Cabana, muss man aber fast, da beide in etwa die gleichen Preise haben. Das Ergebnis ist allerdings ein abgrundtiefer Unterschied.
Wenn das Locanda nicht in Weinheim liegen würde, könnte das unser neues Lieblingsrestaurant werden, so wohlgefült haben wir uns dort und im besten Sinne: perfekt bewirtet. Unaufdringlicher, freundlicher, sehr persönlicher Service gepaart mit einer schmalen, gut ausbalancierten Speisekarte gibt ein Genusserlebnis, wie man es haben möchte und immer seltener antrifft. Hier spürt man, dass ein Koch Wert auf perfekte Ware legt und diese auch zu verarbeiten versteht. Wir haben es uns seit Jahren eigentlich abgewöhnt essen zu gehen, denn zu oft hat man ein (teures) Ergebnis auf dem Tisch, das man selbst besser machen könnte. Das führt dazu, dass die heimische Kochqualität steigt und die Restaurants es immer schwerer haben, uns zufrieden zu stellen. Meist muss man dann schon tief in die Tasche greifen. Das Locanda ist eines von den Restaurants (wie auch der Freinsheimer Hof), die uns den Glauben an die gute Küche wiedergeben.
Die "toskanische Gastlichkeit" gibt es auch noch in anderer, ursprünglicher Form. Immer am letzten Mittwoch eines Monats gibt es den "Trattoria Abend an der langen Tafel" - gegessen wird was auf den Tisch kommt. Der September-Termin ist schon ausgebucht, aber an einer der nächsten werden.
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